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MVO wagt als einer der Ersten “Restart”

Seit März ist der Probebetrieb in ostbelgischen Chören, Ensembles und Musikvereinen vollständig zum Stillstand gekommen. Neben den wirtschaftlichen Engpässen durch fehlende Veranstaltungseinnahmen machen sich die Verantwortlichen Sorgen in Bezug auf die musikalische Qualität und den Fortbestand ihrer Vereine. Daher wurde die Ankündigung des Nationalen Sicherheitsrates, den Probebetrieb wieder aufzunehmen, positiv aufgenommen. Doch die Vorfreude war nur von kurzer Dauer.


<p>In Oudler fand am Freitag die erste Musikprobe seit Ausbruch der Pandemie statt.</p>“>In Oudler fand am Freitag die erste Musikprobe seit Ausbruch der Pandemie statt. | Fotos: Gerd Hennen</p>



<p>Die zu beachtenden Bestimmungen, die im Konsens zwischen dem Musikverband Födekam Ostbelgien und Ministerium der DG ausgehandelt und festgelegt wurden, machen nach genauerer Analyse einen erhofften schnellen „Restart“ bei vielen Chören und Musikvereinen schier unmöglich. </p>



<h2 class=Zu viele Mitglieder und fehlender Platz lauten die Probleme.

Bei den Musikvereinen wurden von den befragten Verantwortlichen vorrangig zwei praktisch unüberwindbare Hürden klar benannt: zum einen die Größe der Vereine und zum anderen die fehlenden Räumlichkeiten. Pro Musiker müssen zur Wahrung des „social distancing“ vier Quadratmeter vorgesehen werden, wobei die Proben auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt sind. „Wir sind ein Mitglieder starker Verein von über 60 Musikern, sodass eine gemeinsame Probe für uns derzeit bei den vorliegenden Bestimmungen unmöglich ist. Wir kämen zwar, was die Räumlichkeiten anbelangt, irgendwie an die 240 qm benötigte Fläche heran, aber ohne komplette Truppe macht das doch recht wenig Sinn“, erklärte Erni Gangolf, Dirigent des MV Edelweiß Crombach auf Anfrage. 

Ähnlich sieht es auch Guido Kohnen, Schriftführer des MV „Burgecho“ Reuland-Lascheid: „Ich habe mich bereits mit unserem Dirigenten Daniel Hilligsmann ausgetauscht und wir mussten leider feststellen, dass derzeit für uns lediglich Registerproben möglich sein werden. Ich bin ziemlich enttäuscht, denn ob nun 20, 30 oder 40 Personen unter Einhaltung der Distanzen gemeinsam proben dürfte ja nicht den großen Unterschied machen. Ich vermisse hierbei eine fehlende klare und nachvollziehbare Linie vonseiten der Politiker und deren Expertenteams.“ 

Für den MV Oudler hingegen konnte der Restart am Freitagabend erfolgreich eingeläutet werden. „Wir haben derzeit ohnehin aufgrund der zahlreichen Studierenden nur eine maximale Probebesetzung von 19 Personen. Die Richtzahl des Ministeriums ist somit praktisch auf uns zugeschnitten. Auch bietet unserer funkelnagelneuer Dorfsaal Platz im Überfluss. Man merkte aber auch, dass dieses gemeinsame Musizieren, dieser Wunsch nach musikalischer Harmonie und auch der soziale Aspekt beim und nach dem Proben allen gefehlt hat“, so MVO-Präsident Manfred Duprez. Marc Lemmens, Dirigent des MV „Echo vom Buchenberg“ Rodt, nervte vor allem die Unklarheit im Vorfeld: „Am Montag wurde den Vereinen noch die heile Welt vorgegaukelt, doch dann schlich sich ob den erwarteten Maßnahmen und Richtlinien sehr schnell Ungewissheit und mitunter auch Unverständnis ein. Die Födekam-Vertreter Steven Gass und Marc Komoth haben sicherlich tolle Arbeit geleistet, aber es wäre sicherlich vonseiten der Politik besser gewesen, Probemöglichkeiten erst nach Fertigstellung dieses Maßnahmen- und Richtlinienkatalogs zu vermelden. Für mich kam die Ankündigung zum Wochenbeginn zu früh.“ 

Alle befragten Verantwortlichen stellten sich gleichsam die Frage, ob sich der Aufwand überhaupt lohne, während auch die „Verantwortlichkeit“ bei einigen eine große Rolle spielte. „Es stehen derzeit keine Konzerte an, sodass wir im Grunde genommen auch noch etwas warten können. Ich glaube ohnehin, dass wir keine Sommerpause einlegen werden und somit „durchproben“, um bis zum Jahresende nochmals musikalisch auf der Höhe zu sein. Es bleibt uns halt nichts anderes übrig, als uns an das Regelwerk zu halten, wenngleich die Wissenschaft Aerosole bei Blasinstrumenten eher als „harmlos“ einstuft. Die Aussage, dass der musikalische Leiter für die Einhaltung der Maßnahmen verantwortlich zeichnet und womöglich dann auch bei Verstößen mit Geldstrafen rechnen muss, befördert den Restart sicherlich auch nicht“, meinte Marc Lemmens weiter. 

Ähnlich äußerte sich auch Erni Gangolf, der in einer ersten Phase Registerproben vorsieht. „Wir starten mit zwei ganz neuen Musikstücken, die wir dann in den verschiedenen Registern einstudieren werden. So werden wir versuchen, die Sommermonate zu überbrücken um dann hoffentlich im September erneut einen geregelten Probebetrieb aufzunehmen. Schade, denn ein Musikverein zehrt neben der Musik vor allem von der internen Geselligkeit. Somit bin ich froh, dass wir von den Grenzlandmusikanten, denen ich ebenfalls als Dirigent vorstehe, in der kommenden Woche mit unseren 17 Aktiven starten und uns nach langer Zeit wiedersehen.“ Alle Befragten glauben indes, dass der Lockdown zwar die Musikvereine in ihrer Entwicklung gebremst habe, aber keineswegs größere Einbußen im Bereich der Qualität und Güte nach sich ziehe. „Für einen Musiker, der mit dem Austritt liebäugelte, kam die Pandemie gerade recht. Die jungen Musiker an der Musikakademie hingegen haben weiter mit ihren Dozenten gearbeitet und waren unter dem Strich auch geforderter und motivierter. Ich denke, dass spätestens nach drei Monaten bei normaler Probetätigkeit alle wieder auf dem davor gekannten Level stehen“, so Musikpädagoge Marc Lemmens. „Die Musiker reißen sich am Riemen und zeigen ungemein viel Disziplin. Das gibt mir die Hoffnung, dass wir musikalisch die Kurve kriegen“, meinte Erni Gangolf.

Die Chören zählen viele Mitglieder der Risikogruppe.

Bei den Chören allerdings herrscht eine gewisse Schockstarre ob der getroffenen Maßnahmen. Beim Kirchenchor Born wird der Probebetrieb bis zum September mit Sicherheit ruhen, wie Präsident Hermann Willems gegenüber unserer Zeitung versicherte: „Unser Proberaum ist zu klein und andere infrastrukturellen Optionen bieten sich für uns derzeit nicht an. Daher lassen wir uns Zeit, denn einen Start um jeden Preis können wir nicht verantworten.“ Das Fernziel ist somit die mögliche Vorbereitung auf das Stiftungsfest im November. „Wir müssen aber mal abwarten was die Zukunft bringt, denn eine Vielzahl unserer Mitglieder gehört ja der Risikogruppe an, sodass wir den Restart mit Bedacht angehen werden. Der Moment ist halt so, daran kann niemand etwas ändern“, meinte Hermann Willems. 

Daniel Klinkenberg, Präsident von Carmina Viva, zeigte sich bezüglich der Bestimmungen etwas enttäuscht. „Als wir die Nachricht von der möglichen Wiederaufnahme der Proben hörten, waren alle euphorisch. Danach folgten Bedenken, die schließlich durch das Verbot aus Flandern noch verstärkt wurden. Wir waren zwar froh, dass sich die DG für erneute Proben ausgesprochen hat, doch können wir als Chor mit diesen Richtlinien nicht leben“. Der Chor zählt 25 Mitglieder, sodass aufgrund der Maximalzahlen in zwei Gruppen geprobt werden müsste. 

Da es dem Proberaum in der Maria-Goretti-Schule in St.Vith allerdings an der notwendigen Höhe fehlt, müsste nach 45 Minuten Probe während ca. 40 Minuten gelüftet werden. Außerdem sei der Mindestabstand von zwei Metern im Vokalbereich undenkbar und illusorisch. „Wir müssen ganz genau auf unsere Nachbarn hören und das ist bei zu großer Distanz nicht möglich. Alles über 70 cm Abstand ist ungewohnt. Außerdem glaube ich nicht, dass diese übergroßen Distanzen Sinn machen, wie Studien der Universität Wien belegen. Weshalb sollte Singen ansteckender als andere Tätigkeiten sein? Leider schwirren nach wie vor Horrorgeschichten wie die der Domspatzen in vielen Köpfen herum“, meinte Daniel Klinkenberg weiter. Daher hoffen die Mitglieder von Carmina Viva auf eine weitere Lockerung, um mit der Probetätigkeit zu beginnen. „Zunächst hieß es, dass alles, was nicht verboten ist, erlaubt sei. Die Vorfreude war da, aber aufgrund der folgenden Mitteilungen schnell verflogen. Man muss aufpassen, dass diese Anfangsmotivation durch solche Praktiken nicht schnell in Frust umschlägt“, erklärte Daniel Klinkenberg abschließend.

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